Atlan: Sternensplitter – Band 1: Taucher im Lavastrom

Hätte Dante Alighieri den Planeten Skagsram gekannt, er hätte dort das Vorbild für sein Inferno gefunden. Die tektonisch sehr aktive Extremwelt bietet nicht nur eine heiße Sauerstoffatmosphäre oder Meere aus Wasserdampf, sondern auch weite Lavaozeane, in denen sich unter anderem auch walähnliche Lebewesen tummeln. Eigentlich sollte man annehmen, dass Skagsram für Terraner nichts zu bieten hätte, dennoch haben sich Kolonisten in der Polregion des Planeten angesiedelt. Ihre Kultur hat sich durch die Umweltbedingungen stark verändert, so dass manche Rituale einem Außenstehenden oft etwas skurril vorkommen.

Aber Skagsram hat den Menschen auch einiges zu bieten. Reiche Bodenschätze und eine an das Leben in der Lava angepasste Biologie lassen sie zu Exportkönigen werden. Allen voran die sogenannten Super-Thermophilen sind der absolute Hit; vor allem, als sich herausgestellt hat, dass die hitzeresistenten Bakterien auch in der Lage sind, fremde DNA in sich aufzunehmen. Jeder galaktische Machtblock hat starkes Interesse daran, sich große Mengen davon zu sichern.
 
Geerntet werden die Super-Thermophilen mit Hilfe von riesigen Lavaflößen, von denen sich Taucher in speziellen Anzügen in das flüssige Gestein begeben, um die Bakterien zu bergen. Ein sehr gefährlicher Job, denn schon der kleinste Fehler kann katastrophale Folgen haben. Nur wenigen ist bekannt, dass die Skagsramer ein Problem haben, denn in letzter Zeit verschwindet eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Lavaflößen einfach. Es scheint fast, als ob die Ozeane aus flüssigem Gestein die Gefährte einfach verschlingen würden. Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich dabei um Sabotage handeln könnte.
 
Als 3119 Perry Rhodan und Atlan einen Staatsbesuch auf Skagsram absolvieren, wollen sie dem Thema etwas auf den Zahn fühlen. Aber auch in höchsten diplomatischen Kreisen fällt man nicht mit der Tür ins Haus. So dient der Besuch vielmehr als Tarnung für einen Einsatz der USO-Agenten Ronald Tekener und Decaree Farou. Diese geben sich als Mitarbeiter eines Instituts für Ahnenforschung aus, dem ‚Schwarzen Stein‘, das in der ganzen Galaxis operiert. Da sich viele der Skagsramer auf ihre Abstammung besinnen, scheinbar eine ideale Tarnung, um Informationen zu sammeln. Bei den Untersuchungen stellt sich heraus, dass auch die höchsten Kreise der Reedereien auf Skagsram nicht genau in Erfahrung bringen konnten, warum mit einem Mal so viele Lavaflöße spurlos verschwinden. Auch über die möglichen Hintermänner ist nichts festzustellen. Zwar hätten zahlreiche Gruppen daran Interesse, die Ernte der Super-Thermophilen zu kontrollieren, doch sie komplett zum Erliegen zu bringen, wäre keine Lösung.
 
Ronald Tekener und Decaree versuchen, Kontakt mit dem Informanten aufzunehmen, der die USO auf den Plan gerufen hatte. Sjonsson, ein alter Positronikspezialist aus den Reihen der USO, bestätigt noch einmal seine Informationen und weiht die beiden Agenten auch in seine Suche nach Artefakten der ausgestorbenen Ureinwohner von Skagsram ein. Aber er wartet auch mit einer großen Überraschung auf, als er zwei überlebende Lavataucher präsentiert, die Sabotage als Ursache für die Unfälle bestätigen. Doch die beiden wollen nicht an die Öffentlichkeit gehen, weil sie zuviel Angst vor der Regierung des Planeten haben. Diese tut alles, um das Ausmaß der Katastrophen unter der Decke zu halten, und auch Gerüchte zu streuen, die die Bevölkerung beschäftigt halten sollen. Solange die Ernte der Super-Thermophilen läuft, will man diese nicht in Gefahr bringen. Zu hoch ist der Preis, den man dafür zahlen müsste.
 
Tek und Decaree müssen also der Frage nachgehen, wer Interesse daran hätte, wenn die Versorgung durch Super-Thermophile zum Erliegen kommt. Sie ahnen dabei nicht, dass sie dabei nur auf die Spitze des Eisbergs treffen werden.
 
Taucher im Lavastrom ist das Debüt von Oliver Fröhlich im Perryversum, der vorher in Serien wie Professor Zamorra oder Maddrax beeindrucken konnte. Gekonnt setzt er das Exposé von Michael Marcus Thurner um, verfällt dabei allerdings nicht in Ehrfurcht vor seinen legendären Figuren, die den Roman bestimmen. Vielmehr wirkt der Roman durch seine Lockerheit und seine humorvolle Ausführung eher sehr entspannt. Vor allem bei den Rückblenden auf den ersten Besuch von Perry Rhodan und Atlan auf Skagsram zeigt sich das sehr deutlich. Dem Chef der Kolonisten gelingt es, Rhodan die Unabhängigkeit seiner Leute quasi durch das klassische Shanghaien abzuschwatzen, indem er den Unsterblichen so betrunken macht, dass der danach nicht mehr weiß, was er unterschrieben hat. Wer nun sagt, das wäre wegen des Zellaktivators eigentlich unmöglich, wird im Verlauf des Romans eines Besseren belehrt, denn Atlan hat eine plausible Erklärung dafür bereit.
 
Beeindruckend sind auch die Schilderungen des Alltags auf den Lavaflößen. Sehr plastisch werden die verschiedenen Nebencharaktere, von denen ein Teil ein dramatisches Ende findet, eingeführt, wobei fast jeder einen Hintergrund hat. Dabei orientiert sich Fröhlich an Vorbildern wie Patrick O’Brian, ohne dessen große Intensität zu erreichen. Dies ist aber auch nicht nötig, denn es soll dem Leser nur der Hintergrund der eigentlichen Mission von Ronald Tekener und Decaree Farou näher gebracht werden. Ebenfalls beeindruckend ist die Schilderung der ganz eigenen Kultur der Skagsramer, die sich im Verlauf der eintausend Jahre Siedlungsgeschichte ein wenig an ihre raue Umgebung angepasst hat. So erscheinen manche Bräuche auf dem Planeten etwas seltsam, auch wenn sie nachvollziehbar sind.
 
Der Auftakt der Sternsplitter-Trilogie bildet einen sehr frischen Einstieg in die Geschichte, wobei vor allem die Furchtlosigkeit von Oliver Fröhlich gegenüber den bekannten Charakteren auffällt und einfach nur Spaß macht. Er geht nicht respektlos mit ihnen um, sondern stellt sie etwas plausibler dar, als es der ein oder andere Schreiber bei ATLAN bisher gemacht hat. Aber genau das macht das Flair dieses Romans aus, der definitiv zu den besten Beiträgen der ATLAN-Taschenbuchreihe zählt. Absolut empfehlenswert!
 
ATLAN
Sternensplitter-Trilogie Band 1:
Taucher im Lavastrom
von Oliver Fröhlich
erschienen im Dezember 2010 bei Fantasy Productions
ca. 350 Seiten
ISBN: 978-3-89064-077-8