Perry Rhodan – Band 3000: Mythos Erde

Für mich gibt es einen offiziellen und inoffiziellen Einstieg in die PERRY RHODAN-Serie. Mein erster Kontakt zu einer gewissen Raketenheftserie waren jene seltsamen Gebilde, die außen recht bunt waren, aber innen nur wenig oder gar keine Bilder hatte. Meine Mutter las sie damals mit großer Vorliebe. Sie erzählte mir dann auch oft von dem Unsterblichen, der mit seinen Freunden allerlei Abenteuer im Universum erlebten. Genau durch diese Erzählungen kam dann auch der offizielle Kontakt zur PR-Serie zustande. Ich empfand den im Oktober 1980 erschienen Band 1000 aus der Feder  von William Voltz als idealen Einstieg. In der Tat hatte der Roman einiges für den Neueinsteiger zu bieten. Vor allem eine recht griffige Zusammenfassung der vergangenen Ereignisse. Er hat damals eine Leidenschaft geweckt, der ich bis heute noch gerne nachgehe.

Jubiläumsbände haben innerhalb der PERRY RHODAN-Serie ein hohes Ansehen unter den Fans. Meist beginnt mit ihnen ein neuer Handlungsstrang, bieten also potenziellen Neulesern eine elegante Lösung, um in das Perryversum einzusteigen; das sollte man zumindest ansehen. Oft schreckt schon seine schiere Vielfalt ab, denn immerhin deckt de Serie mittlerweile mehr als 3000 Jahre zukünftige Geschichte ab. Andererseits gibt es genug Möglichkeiten, um an benötigte Informationen zu kommen. Sei es über die offizielle Homepage oder über die Perrypedia. Vor allem letztere Seite ist eine unglaublich reichhaltige Quelle, wenn es um die größte Science Fiction-Serie der Welt geht.

Unter den Jubiläumsbänden sind die mit einer runden vierstelligen Nummer etwas ganz besonders. Kein Wunder, denn sie bilden einen weiteren Meilenstein, den die Serie seit 1961 gemeistert hat. Im Oktober 1980 setzte Der Terraner [Band 1000] von William Voltz neue Maßstäbe. Im Dezember 1999 folgte mit ES von Robert Feldhoff Band 2000. Im Februar 2019 waren es Wim Vandemaan und Christian Montillon, die mit Mythos Erde den 3000. Band lieferten.

Auch Mythos Erde läutet, ähnlich wie seine Vorgänger, eine neue Ära innerhalb der PR-Serie ein. Mit einem größeren Zeitsprung als Stilmittel lässt man die Ereignisse des vergangenen Zyklus hinter sich, um unseren Titelhelden in eine neue Ausgangssituation zu bringen. Als Rhodan aus seiner Stase an Bord der RAS TSCHUBAI erwacht, hat sich einiges verändert. Nicht nur, dass ANANSI, die K.I. des Schiffes, nicht mehr reagiert, an Bord befindet sich ein geheimnisvolles, kofferartiges Objekt. Aber damit nicht genug, denn die Eigentümerin ist ebenfalls mehr als rätselhaft. Sie selbst bringt nur wenig Licht ins Dunkel, weil ihr Gedächtnis löchriger als ein Schweizer Käse ist.

Dennoch, ihr ist gelungen den Terraner unbemerkt aus seiner Stase zu holen und zu untersuchen. Zemina Paath, wie sich die Fremde nennt, ist es sogar gelungen, den Zellaktivatorchip des Unsterblichen zu entnehmen. Einen Schaden hat sie anscheinend nicht dabei angerichtet. Und die Frage, ob sie ihn analysiert hat, kann jetzt noch nicht abschließend beantwortet werden. Auf jeden Fall hat sie den Chip wieder rechtzeitig an seinen alten Platz zurückgesetzt. Ansonsten wären die Folgen für Perry fatal gewesen.

Trotz ihres Zustands kann Paath einige Informationen an Perry weitergeben. Nach dem jetzigen Wissensstand scheint die Erde nie existiert zu haben. Sie ist eine Legende und in die Milchstraße befindet sich in der sogenannten Cairanischen Epoche. Das Volk der Cairaner herrscht nun mit seinen Augenschiffen über die Galaxis. Und Perry Rhodan gilt seit einiger Zeit als Verkörperung des Bösen, deren Rückkehr von seinen neuen Gegnern schon lange erwartet wird…

Parallel dazu erfährt der Leser von den Erlebnissen von Giuna Linh, die als Beraterin der Akonen im Etappenhof von Anyaart arbeitet. Aus ihrer Sicht wird dem Leser die gegenwärtige Situation in der Cairanischen Epoche vor Augen geführt. Ihr Mann hat sich angeblich offen mit einem der neuen Machthaber angelegt und wurde deswegen in die Ausweglose Straße verbannt. Da sie an die Unschuld ihres Partners glaubt, setzt sie nun alles daran ihn zu befreien. Koste es was es wolle…

Alles auf Anfang… Im Prinzip nichts neues im Perryversum. Aber genau das ist einer der Faktoren, die den Charme der Serie ausmachen. Die Möglichkeit sich selbst neu zu erfinden, um die Geschichte der Zukunft in eine neue Richtung zu führen. Schon oft wurde ein weicher Reset versucht, um den ehemaligen Residenten vor neue Herausforderungen zu stellen. Sei es nun ein Sternenschwarm, der durch die Galaxis gezogen ist oder die Herrschaft der Cantaro, die die Galaxis mit einer Art Mauer versehen haben. Nun wagen die beiden derzeitigen Exposéautoren Wim Vandemaan und Christian Montillon einen neuen Versuch einer Zäsur. Anfangs fühlt man sich stark an die Ausgangssituation von Band 500 erinnert. Dort kehrt Rhodan aus der Galaxis Gruelfin zurück, um in der Milchstraße ebenfalls eine völlig andere Ausgangsituation vorzufinden. Aber in Band 3000 hat es weder eine Verdummungswelle über die Milchstraße hereingebrochen, noch hat es eine Sabotage des Antriebs gegeben. Vielmehr ist so viel Zeit vergangen, dass Perry und seine Freunde selbst zu einem Mythos geworden sind. Aber nicht nur das, denn auch die Existenz der Erde selbst wird mittlerweile angezweifelt. Hinzu kommen noch Geschichten über eine Bastion im Zentrum der Galaxis, in der sich Reginald Bull verschanzt haben soll. Perry Rhodan selbst gilt zudem mittlerweile als Teufel in Menschengestalt. Vor allem auch, weil er der Galaxis nicht zur Hilfe eilte, als sie ihn am nötigsten gebraucht hat.

Wim Vandemaan und Christian Montillon erfinden das Rad nicht neu, bieten aber einen Zyklusbeginn, der einiges Potential für seinen weiteren Verlauf bietet. Mythos Erde unterscheidet sich dabei sehr deutlich von seinen beiden Vorgängern. Hier werden keine großen komischen Zusammenhänge erläutert wie bei den Bänden 1000 oder 2000. Vielmehr dient der Roman der Einführung in den Mythos-Zyklus, mit dem zumindest die nächsten hundert Bände bestritten werden sollen. Oft ist der Leser genauso ratlos wie Perry Rhodan selbst, denn auch er wird im Prinzip ins kalte Wasser geworfen. Die Erzählebene um Giuna Linh bringt zwar etwas Licht ins Dunkel, bleibt aber dennoch oft etwas zu vage, um sich jetzt schon ein Bild zu machen. Was natürlich auch nicht beabsichtigt ist. Schließlich will man den geneigten Fan weiter an die Serie binden. Man erfährt aber trotzdem einiges über die neue Ausgangssituation und vor allem über die Stellung der Terraner in der Cairanischen Epoche.

Etwas schwerer tut man sich mit der Perspektive von Perry Rhodan. Trotz der geheimnisvollen Fremden mit ihrem ebenso rätselhaften Koffer bleibt die Handlung hier recht überschaubar. Sicher, man kämpft mit den Folgen der langen Stase. Doch das wirkt insgesamt etwas zu lang geraten. Wenn man von dem gewohnten Argwohn des Arkoniden Atlan gegenüber Zemina Paath absieht, wirken die restlichen, bekannten Figuren etwas zu klischeehaft. Alles scheint auf Paath und ihren Koffer zugeschnitten zu sein. Das exotische Aussehen des Charakters und das gelegentliche Aufblitzen von Informationen zwischen ihren Gedächtnislücken geben dem Verlauf zumindest etwas von der benötigten Würze.

Mythos Erde mag nicht der Meilenstein sein, den man für einen Band 3000 der PR-Serie erwartet hat. Die Erklärung für kosmische Zusammenhänge des Perryversums findet man hier vergeblich. Dafür bekommt man zwei solide, sehr geradlinige Handlungsebenen geboten, mit denen man auf kommende Ereignisse vorbereitet werden soll. Das funktioniert mit der Sicht von Giuna Linh recht gut, während die Perspektive von Perry Rhodan oft etwas zu behäbig wirkt. Okay, nach längerer Stase braucht er wahrscheinlich etwas mehr Zeit, um mit der Situation zurecht zu kommen. Aber immerhin wertet die interessante Zemina Paath die Sache etwas auf. Aber auch wenn PR-Band 3000 Schwächen hat, man ist gespannt wie es weitergehen wird. Vor allem auch nach dem kurzen Auftritt eines beliebten Charakters am Ende, dessen Geschichte ebenfalls interessant werden könnte.

Natürlich ist auch dieser Jubiläumsband mit einer besonderen Ausstattung versehen. Dabei unterscheidet er sich kaum von seinen Vorgängern. Neben einem überlangen Roman bekommt der Leser noch eine redaktionelle Beilage geboten, in der die Situation in der neuen Zeit durch diverse Storys von PR-Autoren beleuchtet wird. Auch ein interessantes Poster ist im Heft zu finden und es gibt ein umlaufendes Cover, auf dem auch der Titelheld zu sehen ist. Okay, in verschiedenen sozialen Netzwerken oder Foren zweifelt man das zwar an. Aber ich denke schon, dass es sich bei dem jungen Mann in der Mitte schon um PERRY RHODAN handelt.

PERRY RHODAN-Band 3000:
Mythos Erde
von Wim Vandemaan und Christian Montillon
erschienen bei PERRY RHODAN Digital und VPM im Februar 2019
ISBN [E-Book]: 978-3-8453-6000-3

Anmerkung:
Es gibt noch einen Sonderdruck des Bandes, der dem Paket Reise in neue Geschmacksgalaxien des Gewürzhandels Ankerkraut, beigelegt ist.
In dieser Sonderausgabe ist kein Poster enthalten.