Was wäre wenn die von Edgar Rice Burroughs beschriebenen Ereignisse rund um Tarzan gar nicht so frei erfunden wären, sondern auf einer wahre Begebenheit beruhen würden? Was wäre wenn es den Mann, der hinter dem König des Dschungels steckt, tatsächlich geben würde?
Alles begann Anfang der 70er Jahre mit einem fiktiven Interview, das Philip José Farmer mit dem Lord of Greystoke in einem englischen Hotel geführt hat. Der noch sehr agile Herr des Urwalds stellte sich dort bereitwillig den Fragen von Farmer, wobei er auch gerne darauf hinwies, welche Freiheiten sich Edgar Rice Burroughs sich in seinen Romanen genommen hat. Sehr witzig sind auch die Bemerkungen von Greystoke zu seinen Versuchen als Tarzan im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Damals, zwischen Johnny Weismüller und Larry „Buster“ Crabbe, als man ihm sagte, dass er doch so gar nicht dem Bild des Herr der Affen entspräche.
Bald nach dem Interview kam es zu einer weiteren Kontaktaufnahme des Lords mit Farmer, bei der seine gesamte Biografie beleuchtet wurde. Der Autor beweist dabei nicht nur große Detailkenntnisse innerhalb des Tarzan-Mythos, sondern versucht auch einige Fakten aus den Romanen wissenschaftlich zu untermauern. So werden beispielsweise die Mangani, die Tarzan großgezogen haben, hier nicht als bloße Affen charakterisiert, sondern vielmehr als ein verlorengegangener Zweig von Hominiden, die im afrikanischen Dschungel überlebt haben.
Philip José Farmer baut sein Buch nicht als Roman auf, sondern vielmehr als Sachbuch, in dem eine Unzahl von Informationen aus dem Werk von Edgar Rice Burroughs gesammelt sind. Kein Wunder, denn Farmer ist mit den Romanen des Autors aufgewachsen, der mit John Carter ebenfalls eine unsterbliche Figur geschaffen hat. Wo Informationen fehlen, füllt Farmer diese mit seiner eigenen Fantasie auf, wobei sich die Spur Tarzans nach dem Ende des zweiten Weltkriegs weitgehendst verliert.
Tarzan Alive ist nicht nur ein gelungener Versuch Farmers einem legendären Helden ein neues Gesicht zu verleihen, sondern auch ein Beitrag um sein Wold Newton-Universum etwas schlüssiger zu gestalten, in dem sich neben Tarzan auch so illustre Figuren wie Doc Savage, Alan Quatermain, Lamont Cranston (The Shadow) und James Bond tummeln. Seiner Theorie zufolge stammen diese Personen alle von mehreren Familien ab, die in einem Dorf in Schottland lebten, in dessen Nähe ein Meteor heruntergegangen ist. Dieser sorgte bei den Nachkommen der Dorfbewohner für ungewöhnliche Fähigkeiten.
Leider ist die sehr lesenswerte Tarzan-Biografie bisher nicht in deutscher Sprache erschienen. Jahrzehntelang war sie auch in den USA vergriffen, bis sie 2006 bei Bison Books in einer sehr liebevoll gestalteten Ausgabe ungekürzt erschien. Auf jeden Fall eine Bereicherung für jede Buchsammlung.
Tarzan Alive: A Definitive Biography of Lord Greystoke
von Philip José Farmer
Bison Books/University of Nebraska Press
ISBN: 0-8032-6921-8
von Philip José Farmer
Bison Books/University of Nebraska Press
ISBN: 0-8032-6921-8
Umfang: ca. 320 Seiten