James Bond: Casino Royale [1954]

Es könnte eine beliebte Frage bei einem Filmquiz sein: Wer war der erste James Bond?
Natürlich käme eine Antwort wie aus der Pistole geschossen… Sean Connery, natürlich.
Falsch!
Der erste Schauspieler, der James Bond argestellt hat heißt Barry Nelson.
Wer?

Wir schreiben das Jahr 1954. Das Fernsehen steckt noch in den Kinderschuhen, aber dennoch wird das Publikum schon mit zahlreichen TV-Serien bei Laune gehalten. Eine davon trägt den Namen Climax!. Darin flimmern zahlreiche populäre Stoffe in einer Art Live gespielten Theaterstücken über den Bildschirmen. Ein Konzept, das ankommt, denn die Reihe bringt es immerhin auf fast 130 Folgen. Die meisten Episoden sind allerdings verloren, weil in dieser Zeit noch keinen elektronischen Bildaufzeichnungen gemacht werden konnten. Die einzige Möglichkeit sie zu erhalten war, wenn man sie vom Bildschirm abfilmte, was selten gemacht wurde.

Bereits 1952 war Ian Flemings Erstlingsroman Casino Royale erschienen, der sich allerdings nur als sehr mäßig erfolgreich erwiesen hatte. In den USA wurde er sogar mehrmals von Verlagen abgelehnt, bis er unter dem Titel You Asked for It dann doch erschien. Auch hier war der Erfolgt anfangs mehr als bescheiden. Dennoch interessierte sich CBS für den Stoff, um ihn eben für seine Serie Climax! zu adaptieren. Der von Geldproblemen geplagte Fleming stimmte dem Angebot von 1000 Dollar zu. Eine folgenschwere Entscheidung, die später beispielsweise zum dem Casino Royale-Kinofilm aus dem Jahr 1967 führen sollte, in dem David Niven als James Bond zu sehen war.

Aber zurück zu der dritten Episode der ersten Staffel von Climax!. Die TV-Adaptation hatte im Prinzip nur noch wenig mit der Vorlage zu tun. Zudem wurden noch massive Änderungen vorgenommen. So wurde aus James Bond der amerikanische Agent Jimmy Bond, der Informationen von dem sinistren Mr. Le Chiffre ergattern wollte. Dabei gerät Bond, wie sollte man es anders erwarten, in ein Geflecht von Mord und Intrigen, hinter dem natürlich Le Chiffre steckt. Den Stil und die Eleganz der Vorlage lässt diese Adaption komplett vermissen. Vielmehr hat man die Geschichte in ein einstündiges Format eingedampft, das sehr lieblos zusammengezimmert wirkt. Aber damit nicht genug, denn aus James Bond wurde Jimmy Bond, ein Agent des US-Geheimdiensts. Damit fielen auch die letzte Facetten, die dem Charme der Vorlage ausgemacht hatte. Als Reaktion entschied sich Ian Fleming die Filmrechte an seinen weiteren Romanen auf keinen Fall mehr zu vergeben. Zum Glück revidierte er einige Jahre später diese Entscheidung.

Zugegeben, Barry Nelson macht als Jimmy Bond keine schlechte Figur. Auch wenn er im Vergleich zu seinen Nachfolgern nur schwer standhält. Nichtsdestotrotz holt er das Beste aus der Rolle heraus, aber gegen ein mieses Drehbuch kann man nur schlecht anspielen. Doch man merkt Nelson seine Routine an, was sich auch auf seiner weitere Karriere auswirkte. Er war in zahlreiche Film- und TV-Produktionen sehen, wie beispielsweise Murder She Wrote (bei uns bekannt als Mord ist ihr Hobby) oder in Stanley Kubricks The Shining.

Was allerdings im Gedächtnis bleibt, ist Peter Lorre als diabolischer Bösewicht Le Chiffre. Dabei steht er seinen filmischen Nachfolgern in nichts nach. Zwar steht der Star aus Klassikern wie M – Eine Stadt sucht einen Mörder, Die Spur des Falken, Mit Arsen und Spitzenhäubchen, Casablanca, Der Mann, der zuviel wusste, der Mr. Moto-Reihe und 20000 Meilen unter dem Meer hier schon fast am Ende seiner Karriere. Aber, auch wenn er von seiner Alkohol- und Tablettensucht gezeichnet ist, seine Rolle hat er exzellent im Griff.

Casino Royale entstand in einer Zeit, in der es noch keine Möglichkeit der elektronischen Aufzeichnung von Fernsehsendungen gab. Deswegen galt die erste James Bond-Verfilmung für fast 30 Jahren als verschollen. Ein Filmsammler, der eigentlich nach Material der Version aus dem Jahr 1967 suchte, stieß eher zufällig in einem Archiv auf Filmdosen, die eine abgefilmte Fassung des TV-Films auf 16-mm-Material enthielten. Die Sensation war perfekt. Das Material wurde restauriert, um auf Video, später auch auf DVD ausgewertet zu werden. Unter anderem findet man sie als Special Feature auf der US-DVD von Casino Royale aus dem Jahr 1967, die 2002 bei MGM herauskam.

Auf eine Bewertung der Ton- und Bildqualität wird an dieser Stelle verzichtet, weil beides eher bescheiden ist. Dies liegt vor allem am Ausgangsmaterial.

Die TV-Fassung aus dem Jahr 1954 von Casino Royale ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man eine gute Vorlage an die Wand fahren kann. Dennoch, als Bond-Fan ist es schon sehenswert den Superagenten in seinem allerersten, filmischen Abenteuer zu sehen.

Casino Royale
Originaltitel: Casino Royale
Regie: William H. Brown
Darsteller: Barry Nelson, Peter Lorre, Linda Christian, Michael Pate, Eugene Borden, u. a.
Region: Region 1
Bildformat: 1.33: 1
Ton/Sprachen: Englisch (mono)