Hulk

Gehört Ang Lees Hulk nun zum Marvel Cinematic Universe oder nicht? Im Grunde genommen eigentlich nicht, auch wenn die Verfilmung sich sehr eng an den Canon der Marvel Comics hält. Tatsächlich wird in der Dokumentation Building A Cinematic Universe, die als dritte Blu-ray in der Steelbook-Edition von The Avengers enthalten ist, erwähnt, dass Hulk, im Prinzip, das ist, was man im Comicbereich eine #0 nennt. Das mag daran liegen, dass schon hier einige Leute hinter den Kulissen tätig waren, die dann später mit Iron Man mit den Marvel-Filmen durchgestartet sind. Interessanterweise gab es im MCU auch keine weitere Entstehungsgeschichte des grünen Wüterichs, was ebenfalls für eine Zugehörigkeit in den späteren Rahmen sprechen könnte. Andererseits könnte dies auch an die etwas verzwickte Verteilung der Rechte von Hulk gelegen haben. Dazu weiter unten mehr.

Zuerst drehen wir die Zeit etwas zurück. Anfang der 2000er hatten die großen Hollywoodstudios in Comicverfilmungen kein richtiges Vertrauen. Bis auf Superman: The Movie und Tim Burtons Batman-Filme hatte es keine großen Blockbuster gegeben. Das änderte sich abrupt mit Bryan Singers X-Men, der sich zum Kassenhit entwickelt hatte. Die letzten Zweifler wurden mit Sam Raimis Spider-Man zum Schweigen gebracht.

Bei Marvel schielte man darauf, auch eigene Filme zu machen. Ohne von den anderen Studios abhängig zu sein. Ein schweres Unterfangen, denn in der Vergangenheit waren viele der ehemaligen Eigentümer recht freigiebig mit den Rechten an den geliebten Figuren umgegangen. Im Klartext: Die Rechte an den Comics waren ziemlich weit verteilt. Die X-Men und Co. waren bei 20th Century Fox, Spider-Man bei Sony Pictures und die deutsche Constantin Film hatte eine Option auf die Fantastic Four. Letztere führte 1994 zu einer recht günstigen Verfilmung, die später von 20th Century Fox komplett aufgekauft wurden.

Bei Hulk war es ähnlich, denn in der Vergangenheit hatten Marvel Comics einen Deal mit Universal Pictures, wo in den 70er Jahren auch die legendäre Fernsehserie mit Bill Bixby und Lou Ferrigno produziert wurde. Dieser Deal ist auch der Grund, warum es im späteren MCU keinen neuen Hulk-Film gab. Es handelt sich dabei nämlich um einen sogenannten First Look-Deal, bei dem der fertige Film dann von Universal Pictures vertrieben wird und nicht von den Marvel Studios selbst. Etwas, was nicht in die Firmenpolitik von Walt Disney Pictures passt, dem Eigentümer von Marvel. Einer der Hauptgründe, warum es keinen weiteren Einzelfilm mit dem Kraftpaket im späteren Verlauf des MCU gab.

Eben weil die beliebtesten Helden bereits vergeben waren, musste man sich auf andere aus dem Marvel-Universum besinnen. Beflügelt durch den Erfolg von X-Men und Spider-Man brachte Universal Hulk auf den Weg. Mit Ang Lee (Tiger & Dragon; Sinn und Sinnlichkeit, Life of Pi) fand man einen Regisseur, dessen Namen nicht unbedingt mit dieser Art von Film verbindet. Ein Pluspunkt, der sich vor allem bei dem visuellen Stil des Projekts auswirken würde. Außerdem wollte man so auch auf Nummer sicher gehen, denn schon in der Vergangenheit hatte es einige Versuche gegeben Marvel-Helden auf die Leinwand oder ins Pantoffelkino zu bringen. Entweder scheiterten sie schon in der Pilotfilmphase, wie Captain America oder Dr. Strange, oder waren extreme Billigproduktionen wie Captain America aus dem Jahr 1990. Auch die Hulk-TV-Filme rissen die Sache nicht heraus.

Für den ersten Filmauftritt des grünen Wutbolzens überarbeitete man seine Entstehungsgeschichte ein wenig. Dabei legte man Wert von der Essenz der Vorlage soviel wie möglich zu erhalten. Dennoch weist das Drehbuch zahlreiche Schwachpunkte auf, die die das letztendliche Produkt zu einem sehr ambivalenten Erlebnis machen. Vor allem die Einarbeitung des fanatisch besessenen Vaters, der vor nichts zurückschreckt, erweist sich im weiteren Verlauf als sehr problematisch. Ebenfalls negativ fällt die recht eindimensional gehaltene Darstellung des von Hass getrieben General Ross auf, der von Sam Elliott schön fies gespielt wird. Andere Dinge funktionieren andererseits sehr gut, wie die Liebesgeschichte zwischen Bruce Banner und Betty Ross. Doch das letzte Viertel des Films, in dem Nick Nolte als Vater von Banner übertrieben aufdreht, richtet den positiven Eindruck recht schnell zugrunde.

Das ist sehr schade, denn von der technischen Ausführung kann man nicht meckern. Vor allem der innovative Erzählstil mit seinen Comicvorbildern machen den Film zu einem visuellen Genuss. Auch die Spezialeffekte, die sehr gut gealtert sind, lassen sich durchaus sehen. Aber eine gute Technik alleine macht keinen guten Film aus.

Auf der technischen Seite lässt die Blu-ray von Hulk nur wenig zu wünschen übrig. Der Transfer beeindruckt mit einer nahezu perfekten Schärfe, die viele Details erkennen lassen. Auch die Farbgebung und der Kontrast sich nahezu perfekt. Die englische Tonspur liegt in sehr rund abgemischten DTS-HD Master Audio 5.1 vor. In der deutschen Version hat sie etwas weniger Dynamik, was allerdings daran liegt, dass sie „nur“ in DTS 5.1 vorliegt. Dennoch kann man auch hier sehr zufrieden sein.

Die Specials wurden alle von der Doppel-DVD des Films übernommen. Neben einem interessanten Audiokommentar findet man ein ausführliches Making of und eine Menge Featurettes vor, die sich mit dem Streifen auseinandersetzen. Allesamt besitzen einen hohen Informationswert und geben einen guten Einblick in die Entstehung des Films.

Hulk ist insgesamt ein ambivalenter Film. Einerseits beeindruckt er mit seiner comichaften Erzählweise, einer gewissen psychologischen Tiefe und auch heute noch sehr guten Spezialeffekten. Andererseits läuft er an vielen Stellen nicht ganz rund, wie beispielsweise der Angriff der Mutantenhunde beweist. Den Gnadenschuss gibt sich der Streifen allerdings spätestens dann, wenn sich Vater und Sohn beim Showdown gegenüberstehen. Durch das extreme Overacting von Nick Nolte sackt der eigentlich der solide gemachte Hulk extrem ab. Verspieltes Potential, denn eigentlich hätte aus dem Projekt eine recht solide Comicverfilmung werden können. Sehr schade.

Hulk
Originaltitel: Hulk
USA 2003
Regie: Ang Lee
Darsteller: Eric Bana, Jennifer Connelly, Josh Lucas, Sam Elliot, Nick Nolte, Paul Kersey, Cara Buono, Kevin Rankin, Lou Ferrigno, u. a.
Region: A, B, C
Bildformat: 1.85:1 (anamorph)
Ton/Sprachen: Englisch (DTS-HD MA 5.1), Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Japanisch (DTS 5.1)
Special Features: U-Control, Bild-im-Bild: Blick hinter die Kulissen, Audiokommentar, Deleted Scenes, Making of, Featurettes, u. v. m.