Schon relativ früh fragte man sich bei dem Verlag National Publications, dem Vorläufer von DC Comics, wie man die Leser nach dem riesigen Erfolg von Superman, der 1938 debütierte, mit etwas neuem bei der Stange halten wollte. Also musste ein zweiter Superheld her, der eine Art Pendant zu dem Kryptonier bilden sollte. So beauftragte der damalige Verleger Vin Sullivan den Zeichner Bob Kane mit der Entwicklung dieser Figur, deren Heimat ein neues Magazin mit dem Namen Detective Comics werden sollte. Kane, der schon bei anderen Serien des Verlags ein glückliches Händchen bewiesen hatte, wartete kurz darauf mit dem grellbunt kostümierten Bird-Man auf, verwarf diesen aber wieder. Grund dafür waren die Zeichnungen der Flugmaschinen von Leonardo da Vinci, die ihn in eine andere Richtung brachten. Kurz nachdem der Autor Bill Finger zu ihm stieß, nahm der neue Superheld konkrete Formen an. Aus Bird-Man wurde Bat-Man und mit seinem grau-schwarzen Kostüm stellte er einen krassen Kontrast zu Superman dar. Bat-Man sollte gezielt die Angst der Unterwelt vor den Kreaturen der Nacht schüren. Ein Symbol, das für die gnadenlose Bekämpfung des Verbrechens stand. Außerdem kam Batman, dessen Bindestrich relativ schnell verschwand, ohne phantastische Superkräfte aus. Er verließ sich vielmehr auf seinen brillanten, messerscharfen Verstand, ähnlich wie die damals bereits legendären Figuren Zorro und The Shadow. Als im Mai 1939 Batman seinen ersten Auftritt in Detective Comics 27 hatte, bekam der Leser einen Protagonisten geboten, dessen Grundzüge wie wir so heute kennen bereits grob definiert waren und auf denen in den nächsten Jahrzehnten nachfolgende Autoren und Zeichner aufbauen konnten. Der Rest ist Geschichte…
Die Batman Anthologie versucht einen Überblick über die über fünfundsiebzigjährige Entwicklungsgeschichte des Dunklen Ritters zu geben, was in zwanzig abgeschlossenen Geschichten aus den verschiedenen Phasen des Comics illustriert werden soll. Man griff dabei, bis aus ein paar Ausnahmen, nicht auf die schon oft nachgedruckten Standards der Batman-Comics zurück, sondern bietet Geschichten, die nicht so bekannt sind, aber dennoch eine große Bedeutung für die Figur selbst haben. Den Anfang machen die klassischen Anfänge von Bob Kane und Bill Finger, denen im weiteren Verlauf sehr interessante Beiträge von namhaften Künstlern wie Dennis O’Neil, Neal Adams, Archie Goodwin, Chuck Dixon, Paul Dini, Rick Burchett und Edmond Hamilton folgen. Dazu werden zu jeder Phase und zu jeder Story noch begleitende Texte rund um die Geschichte Batmans geboten, in denen auch auf das eigentliche Phänomen eingegangen wird. Dabei wird nicht nur der Printbereich beleuchtet, sondern auch seine Bedeutung auf dem TV-Bildschirm und auf der großen Leinwand. Garniert wird die Fülle an Informationen mit kurzen Porträts der verschiedenen Kreativen, deren Schaffen die Entwicklung von Batman beeinflusst hat.
Auf mehr als 370 Seiten bekommt der Leser einen beeindruckenden Überblick über eine der populärsten Comicfiguren geboten, der nicht nur für Neu- oder Quereinsteiger von Interesse ist, sondern auch langjährigen Fans einiges zu bieten hat. Die hochwertige Druckqualität des Prachtbandes lässt sowohl die alten als auch die neueren Geschichten in einem sehr schönen Glanz erstrahlen. Gleichzeitig sind durch das größere Format der Publikation mehr Einzelheiten in den verschiedenen Panels erkennbar. Auch wenn der Preis von rund 30 Euro auf den ersten Blick etwas abschreckend zu erscheinen scheint, mit der Batman Anthologie ist man definitiv auf der sicheren Seite, denn das edel gestaltete Hardcover ist jeden Cent wert.
Batman Anthologie
von Bill Finger, Edmond Hamilton, Dennis O’Neil, Gardner Fox, Scott Snyder, u. a.
erschienen bei Panini Comics im Oktober 2014 als Hardcover
ISBN: 978-3-95798-067-0
Umfang: ca. 370 Seiten