Oft kann die Produktionsgeschichte eines Films turbulenter sein als das daraus resultierende Ergebnis. Genauso oft versuchen die Produktionsfirmen solche Vorkommnisse unter den Tisch zu kehren, damit nach außen der schöne Schein gewahrt bleibt, denn die Arbeit in Hollywood ist ohne Makel. Man ist eine große Familie, die einander versteht und immer lieb zueinander ist. Aus diesem Grund ist es die Regel, dass während der Promotionsphase eines Films alle Teilnehmer vertraglich verpflichtet sind sich immer nur positiv über ihr neustes Projekt zu äußern. Aber schon lange vor dem Internet gab es undichte Stellen, deren Informationen oft einen Einblick hinter die schöne Maske Hollywoods gegeben haben. Sei es, das bei Vom Winde verweht drei Regisseure verschlissen wurden oder das James Cameron bei Titanic nahegelegt wurde, er solle die überzogene Produktion endlich abschließen, sonst würde es das Studio tun. Ob die massive Einflussnahme der Produktionsgesellschaften gut oder schlecht war sei dahingestellt. Oft entwickeln sich solche Projekte zu wahren Geldgräber, wie beispielsweise 47 Ronin, der schon von Universal vor dem Kinoeinsatz abgeschrieben wurde. Alien³ gehört leider auch zu dieser Kategorie, hat aber das Franchise nicht zugrunde gerichtet.
Der Begriff „Franchise“ hatte noch keine eindeutige Beziehung zum Filmgeschäft als Alien und Aliens in die Kinos kamen. Allerdings hatte 20th Century Fox eindrucksvoll bewiesen wie man aus Filmserien eine Lizenz zum Gelddrucken machen kann, wie man an Planet der Affen, Stirb langsam und Star Wars sehen kann. Nachdem sich der Xenomorph zweimal als Kassenmagnet erwiesen hatte, musste natürlich eine erneute Fortsetzung her. Wieder wollte man auf ein hoffnungsvolles Regietalent setzen, weswegen man Renny Harlin für das Projekt auswählte. Der Finne hatte der Centfox bereits mit Stirb langsam 2 einen Blockbuster beschert. Der Regisseur gab nach einiger Zeit genervt auf, weil keiner der Drehbuchentwürfe die Substanz aufzeigte, die er auf die Leinwand bringen wollte. Nachfolger wurde der Neuseeländer Vincent Ward. Sein Film Der Navigator (Australien/Neuseeland 1988) einen beachtenswerten Erfolg abgeliefert hatte. Aber seine Visionen erwiesen sich als zu kostspielig und auch zu dieser Zeit als technisch unausführbar. So trennte man sich auch nach kurzer Zeit. Dann wurde Walter Hill (Nur 48 Stunden, USA 1982) ins Gespräch gebracht, dessen Produktionsgesellschaft Brandywine mit an den Alien-Filmen beteiligt waren.
Zusätzlich zum Karussell der Regisseure konnte man nicht auf keine eingängige Story einigen. Zahlreiche Drehbuchentwürfe wurden schnell verworfen, wie beispielsweise der von Vincent Ward. Er wollte seinen Film auf einem hölzernen Planeten spielen lassen, auf dem Mönche in einer klosterähnlichen Anlage leben. Oder der von SF-Autor William Gibson, der als direkte Fortsetzung von Aliens begann und als Zweiteiler verfilmt werden sollte. Ganz vergessen wurde dieser Aspekt nicht, denn im Prinzip stellt das Filmscript von David Giler, Walter Hill und Larry Ferguson eine Variation des Ward-Themas dar, auch wenn es nun auf einer Gefängniswelt spielte.
Nachdem auf der SULACO ein Feuer ausgebrochen ist, werden die Schlafkammern Ripley, Hicks und Newt vom Bordcomputer in ein Beiboot gebracht. Dieses kann nur knapp der Vernichtung entkommen, wird aber dabei auch beschädigt. Glücklicherweise befindet sich in der Nähe der Planet Fiorina 161, auf der sich eine Strafkolonie befindet. Deren Insassen, von denen die meisten ihre Zeit abgesessen haben, leben dort in einer mönchsartigen Gemeinschaft. Als Ripley aus ihrem Schlaf erwacht wird sie damit konfrontiert, dass sowohl Newt als auch Hicks bei dem Absturz ums Leben gekommen sind. Da Hicks Körper grausam verstümmelt wurde, lässt sie eine Obduktion an Newt ausführen, da sie einen Verdacht hat was die Zerstörung der SULACO ausgelöst hat. Doch das Ergebnis ist negativ. Dennoch hat sie ein ungutes Gefühl. Was, wenn sich ein blinder Passagier auf der Beiboot eingeschlichen hat…
Nachdem die Story nun feststand, fand man bald auch einen jungen Regisseur, der mit Alien³ sein Debüt geben sollte. David Fincher war bis zu diesem Zeitpunkt mit innovativen Musikvideos, u. a. für Madonna, aufgefallen. Sein ungewöhnlicher visueller Stil sollte dem ganzen Projekt eine gewisse Note geben, wie auch schon seine Vorgänger. Doch die Produktion stand unter keinem glücklichen Stern. Dies lag vor allem durch die massive Einmischung der 20th Century Fox in die Produktion, die dem Regisseur kaum Luft zum Atmen ließ. Zwar war das Studio froh einen Filmemacher gefunden zu haben, aber dennoch war man unsicher, ob er nicht mit einem solch prestigeträchtigen Projekt nicht überfordert war. Dazu wurde eisern auf das Budget geachtet und auch starker Einfluss in den kreativen Prozess genommen. Eine Angewohnheit unter der nicht nur Neulinge bei der Centfox zu leiden hatten, sondern auch gestandene Regisseure wie Ridley Scott. Er musste seinen Film Königreich der Himmel für die Kinoauswertung um 45 Minuten kürzen, damit das Studio damit zufrieden war. Übrig blieb nur einen mittelalterliche Nummernrevue, in der man wenig Story und viel Moneyshots findet. Schade, denn der später veröffentlichte Director’s Cut macht den Streifen zu einem Meisterwerk.
David Fincher zog daraus seine Konsequenzen und verließ Alien³ noch bevor er seinen Endschnitt beginnen konnte. Er hinterließ einen Rohschnitt, der zur Kinoversion verwurstelt wurde. Dieser Rohschnitt ist auch die Basis für den sogenannten „Assembly Cut“ auf der Blu-ray, der sich inhaltlich deutlich von der Kinofassung unterscheidet. Wegen den Vorkommnissen will Fincher bis heute nicht mehr auf sein Filmdebüt angesprochen werden.
Wie schon bei Alien Quadrilogy befindet sich auf der Blu-ray des dritten Beitrags der Alien Anthology nicht nur die Kinofassung, sondern auch die oben erwähnte „Arbeitsfassung“. Dabei handelt es sich nicht um einen Director’s Cut wie bei Alien oder Aliens, sondern um eine komplett andere Schnittfassung, die der Vision von David Fincher näher kommen soll. Allerdings stand er für die Erstellung aus oben genannten Gründen nicht zur Verfügung. Für die Veröffentlichung auf DVD und Blu-ray wurde die Schnittversion auch mit neu fertiggestellten Effekten ausgestattet.
Abgesehen von der wesentlich längeren Laufzeit unterscheidet sich die Arbeitsfassung teilweise recht deutlich von der späteren Kinoversion. Die Charaktere werden etwas besser ausgearbeitet und einige Schlüsselszenen, wie beispielsweise das Schlüpfen des Xenomorphs, sind komplett anders. Auch wenn alles ein wenig unfertig aussieht, so bekommt man doch ein Gefühl dafür wie Alien³ geworden wäre, wenn man Fincher seine Arbeit hätte machen lassen.
Technisch beeindruckt die Blu-ray von Alien³ mit einem soliden Bildtransfer, der sich deutlich gegen die DVD absetzt. Die Schärfe hat in beiden Versionen ein hohes Niveau, nutzt aber das letzte Quäntchen nicht aus. Trotzdem sind zahlreiche Einzelheiten erkennbar. Kontrast und Schwarzwert verleihen dem Bild einen natürlichen Look. Auch Verschmutzungen und Artefakte sind nicht feststellbar. Ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis.
Auch wenn die Tonabmischung stellenweise etwas frontlastig wirkt, bekommt man eine hochklassige Dynamik geboten, die doch eine gewisse Räumlichkeit hat. Formatbedingt klingt die englische DTS-HD MA 5.1 Spur etwas bombastischer, aber der deutsche DTS 5.1-Ton kann sich auch sehen lassen.
Wie schon bei Alien und Aliens findet man den Großteil der Sonderausstattung zu Alien³ auf der eigentlichen Filmscheibe. Dazu gehörten, neben der Kinofassung und der Special Edition, 31 entfallene Szenen, ein Audiokommentar von Cast & Crew aus dem Jahr 2003 und eine isolierte Filmmusikspur, die allerdings nur bei der Kinofassung anwählbar ist. Alle anderen Extras wurden auf der fünften und sechsten Disc der Anthology-Box untergebracht. Auf Disc 5 findet man neu produzierte Dokumentationen zu den Filmen, wobei jeder Aspekt der Produktion abgedeckt wird und sehr viele der Beteiligten zu Wort kommen. Auf der sechsten Disc wurde das komplette Bonusmaterial der vorausgegangenen Editionen der Alien-Reihe gesammelt, darunter auch Material aus VHS und Laserdisc-Zeiten, die trotz ihres Alters immer noch von Interesse sind.
Ein Meisterwerk wie seine beiden Vorgänger ist Alien³ mit Sicherheit nicht, aber schon die Kinofassung lässt den Zuschauer eine solide Fortsetzung mit einigen fesselnden Elementen erleben. Beeindruckend ist aus heutiger Sicht auch die Besetzung des Films, in dem man bis in Nebenrollen hinein zahlreiche bekannte Gesichter des britischen Kinos sieht. Auch einen Hauch der Handschrift von David Fincher ist zu bemerken, der später mit Filmen wie Sieben oder Fight Club seine Talente noch unter Beweis stellen sollte.
Auf Blu-ray macht der dritte Alien-Film eine recht gute Figur. Die technische Präsentation ist hochwertig und macht richtig Laune. Welche Version man nun vorzieht bleibt jedem selbst überlassen. Aber der Assembly Cut ist auf jeden Fall mehr als nur einen Blick wert.
Alien Anthology:
Alien 3
Originaltitel: Alien 3
USA 1992/2003
Regie: David Fincher
Darsteller: Sigourney Weaver, Charles Dance, Charles S. Dutton, Lance Henriksen, Paul McGann, Brian Glover, Pete Postlethwaite, Ralph Brown, Tom Woodruff, jr., u.a.
Region: A, B, C
Bildformat: 2.35 : 1 (anamorph)
Ton/Sprachen: Englisch (DTS-HD MA 5.1), Deutsch, Französisch (DTS 5.1), Portugiesisch, Spanisch (DD .50)
Special Features: Audiokommentar von Cast & Crew, Isolierte Filmmusikspur (nur Kinofassung), 31 entfallene Szenen, u. a.
Filmlänge: 114 Minuten/145 Minuten