Revisited: Star Trek: The Next Generation

Vor 30 Jahren… bevor es das Internet gab…

Klein-Andy pilgerte in seine Stammvideothek um sich den neusten Geniestreich von Steven Spielberg auszuleihen. Der Auftakt zu einer Serie mit dem Titel Unglaubliche Geschichten und auf der ergatterten Videokassette befanden sich immerhin drei Episoden davon. Eine vom Meister höchstpersönlich, eine von seinem damaligen Protegé William Dear und nicht zu vergessen die Folge von Robert Zemeckis, die den meisten Biss hatte. Also rein in den Videorekorder und los ging es. Am Anfang stand die übliche Trailershow, die auf kommende Titel hinwies. Eine verhängnisvolle Affäre, Gottes vergessene Kinder und… und… und… ein Trailer, der mich etwas aus der Bahn warf – der Trailer zum Pilotfilm von Star Trek: The Next Generation.

Vor den Zeiten des Internet gab es auch natürlich Möglichkeiten sich über neue Film- und Serien-Projekte zu informieren. Nur der Aufwand an diese Informationen heranzukommen war etwas größer. Eine meiner Quellen war das Magazin Cinefantastique, das ich über den legendären Transgalaxis Versand bezog. Dort hatte ich natürlich schon über den Neuaufguss von Star Trek, die Serie, die zu dieser Zeit immer noch unter dem Titel Raumschiff Enterprise in Deutschland firmierte, gelesen. Aber es war eine ganz andere Sache den ersten Trailer zu sehen. Dazu muss man erwähnen, dass CIC Video zu jener Zeit einiges an TV-Serien auf Video veröffentlicht hat. Lange bevor RTL oder SAT 1 diverse Serien runtergenudelt haben, hatten Serien wie McGyver, Knight Rider, Airwolf oder das A-Team ihr Debüt hierzulande gegeben. Dabei schnitt man meist zwei Episoden zusammen, um Spielfilmlänge zu erreichen. Nun wendete man das gleiche Konzept Star Trek: The Next Generation an. CIC ließ seinerzeit die Serie synchronisieren, was deswegen interessant ist, weil das ZDF eine eigene Sprachfassung anfertigen ließ.

Aber ich schweife ab. Der Trailer fesselte mich von der ersten Sekunde an. Star Trek war für mich damals schon ein Begriff, aber mehr wie die vom ZDF gesendeten Folgen hatte ich bisher nicht zu sehen bekommen. Nachdem ich von der nächsten Generation gelesen hatte, gierte es mich natürlich etwas davon zu sehen. Also kam mir das Videorelease im Grunde ganz recht. Meine Erinnerungen an die klassischen Folgen waren etwas verschwommen, doch als ich Mission Farpoint zum ersten Mal sah, war ich total begeistert. Science Fiction im Serienformat kannte ich schon von PERRY RHODAN, Captain Future oder V. Aber hier spürte man auch einen gewissen Aufwand, den man betrieben hat, um alles auf den Bildschirm zu bringen. Außerdem beeindruckten mich die, für damalige Verhältnisse, grandiosen Spezialeffekte aus dem Hause ILM. Die miese Synchronisation störte mich dabei weniger. Ich bekam vielmehr der Drang nach mehr, der dann auch durch weitere Videokassetten befriedigt wurde. Nach sechs weiteren Videokassetten mit jeweils zwei Folgen versiegte meine Quelle. So musste ich meine weiteren Informationen lange Zeit aus verschiedenen Magazinen wie Cinefantastique oder Starlog beziehen.

Meine richtige „heiße“ Star Trek-Phase begann 1990 mit der Ausstrahlung der TNG im ZDF. Dabei hatte ich keinerlei Probleme damit diese mit meiner Leidenschaft für PERRY RHODAN zu verbinden. Mit der TNG verbinde ich eine Zeit, an die ich mich sehr gerne zurückerinnere. Dies ging weit über die eigentliche Serie hinaus, denn auf meiner Suche nach Gleichgesinnten fand ich viele andere Fans und es entwickelten sich daraus Freundschaften, von denen sich einige bis heute gehalten haben.

Aber was macht Star Trek: The Next Generation für mich auch heute noch reizvoll? Warum kann ich mit ihr mehr identifizieren als mit der originalen Serie oder ihren Nachfolgern? Ein großer Faktor ist die Zeichnung der verschiedenen Charaktere, die im weiteren Verlauf oft interessante Entwicklungen durchmachen. Captain Picard ist wohl der englischste Franzose des Universums, aber gerade seine Beziehung zu Data ist überaus faszinierend. Will Riker, der anfangs mehr anmutet wie ein Kirk-Klon, entwickelt sich zu einem Charakter mit Ecken und Kanten. Tja, und da wäre noch Data, der in seinen Versuchen ein Mensch zu sein an Pinocchio erinnert. Aber auch die Serie selbst machte eine überraschende Entwicklung durch. Das fällt vor allem dann auf, wenn man die ersten beiden Staffeln überstanden hat. Diese standen noch unter der strengen Ägide von Gene Roddenberry, der sich mit einer Art unter vielen anderen Kreativen der Serie keine Freunde machte. Tatsächlich trat mit Rick Berman derjenige ins Rampenlicht, der für die TNG eine neue Richtung bestimmt. Natürlich nicht alleine, denn auch einige Leute aus dem Autorenteam, wie beispielsweise Ronald D. Moore und Brannon Braga, nahmen einen starken Einfluss auf den weiteren Verlauf der Serie. Mit ihnen entwickelte sich die nächste Generation zu einem wahren Dauerbrenner, der immer wieder mit einigen Überraschungen aufwartete.

Und hier haben wir dann auch schon einen weiteren Grund, der die TNG auszeichnet. Man bot den Zuschauern interessante Geschichten, in denen oft das Menschliche mit im Vordergrund stand. Es ist immer noch schmerzhaft zu sehen wie Captain Picard von den Borg entführt wird oder wenn er von seinem cardassianischen Folterer gefragt wird, wie viele Lichter hinter ihm zu sehen sind. Philosophisch wird es, wenn sich der Androide Data menschlicher erweist wie seine Kollegen auf Fleisch und Blut. Genau diese Kombination ist auch heute noch reizvoll. Im Gegensatz zu vielen anderen Serien aus den 80er und 90er Jahren ist die TNG gut gealtert, oft sogar noch gut gereift. Interessanterweise haben die Geschichten kaum etwas von ihrer Brisanz verloren, so dass man sie sich auch heute noch ansehen kann.

Für mich persönlich ist Star Trek: The Next Generation ein Stück meiner Jugend. Eine Erinnerung an eine Zeit, in der einiges bei mir im Umbruch war. Damals haben mich Captain Picard und seine Crew sehr gut durch diese Phase begleitet. Natürlich habe ich oft in die Wiederholungen der Serie in diversen TV-Sendern reingeschaut, aber erst nachdem sie von Netflix ins Programm genommen wurde, spürte ich nach kurzer Zeit wieder dieses alte Flair. Nicht mehr ganz so intensiv wie früher, aber das Gefühl war zumindest wieder da. Interessanterweise ist die TNG gut gealtert. Viele Themen sind auch nach über 20 Jahren immer noch aktuell und dank einer leichten Modernisierung der Spezialeffekte kann sich vielleicht auch eine ganze Reihe von neuen Zuschauern erschließen, die irgendwo da draußen auf Picard, Riker, Troi und Data warten…

Star Trek: The Next Generation
created by Gene Roddenberry
USA 1987-1994
176 Episoden
Laufzeit pro Episode: 45 Minuten