Perry Rhodan: PAN-THAU-RA – Band 1: Die Lebenskrieger

Taschenbücher nahmen innerhalb der PERRY RHODAN-Serie schon immer eine besondere Stellung ein. Bereits 1964, also rund drei Jahre nach dem Start der Heftserie, erschien mit Planet der Mock von Clark Darlton der erste PERRY RHODAN Planetenroman. Die Reihe, die oft lose Handlungsstränge aus der Welt von PR aufgriff oder vertiefte, wurde im Jahr 1998 nach 415 Titeln eingestellt. Es sah damals fast so aus, als ob für Romane, die querbeet im Perryversum spielten, kein Platz mehr war.
 
Diese Annahme stimmt allerdings nicht ganz, wie der Erfolg der Minizyklen wie Andromeda, Odyssee oder Lemuria zeigt. Allerdings setzen diese auf ein völlig anderes Konzept als die alte Taschenbuchreihe: in mehreren Bänden wird ein fest umrissenes Themengebiet abgehandelt und zum Abschluss gebracht. Außerdem sind die Romane so geschrieben, dass auch ein Leser, der die über 2300 PR-Heftromane nicht kennt, mit der Geschichte zurecht kommen kann.
 
Der PAN-THAU-RA-Zyklus, der wie seine Vorgänger beim Heyne Verlag erschien, setzt auf das gleiche Konzept, auch wenn man hier einige neue Wege beschreiten wollte. Die Zahl wurde von sechs auf drei Bücher reduziert, der Zyklus fand seine Veröffentlichung in der so genannten Premium-Reihe des Verlags. Der erste Band von PAN-THAU-RA erschien im November 2005.
 
Der erste Roman des Zyklus, geschrieben von Frank Borsch, wird in einer verschachtelten Handlung erzählt, die für einen PR-Roman etwas untypisch ist. Die erste Handlungsebene schildert die Invasion der Loower auf das ehemalige Sporenschiff aus der Sicht einer einfachen Soldatin, die mit ihrer neunköpfigen Einheit in den Einsatz geht. Das Schiff soll um jeden Preis erobert werden. Koste es, was es wolle. Millionen von Loowern starten eine Invasion, die mehr wie ein radikaler Vernichtungskrieg wirkt. Die Bewohner der PAN-THAU-RA, die so genannten „Flachaugen“ werden von den Invasoren ohne Gnade ausgelöscht. Dabei ist es egal, ob es sich um Männer, Frauen oder Kinder handelt. Für die Loower sind diese Lebewesen nicht mehr wert als lästige Insekten. Bestärkt durch Drogen dringen die Invasoren weiter in das riesige Raumschiff vor. Viele Tage verbringen sie mit Kämpfen, die die Soldaten abstumpfen lassen. Auch An-Keyt, mit deren Augen wir den Krieg sehen, fällt der Routine anheim. Mit Drogen und Sex lässt sie ihr Dasein bei der Truppe über sich ergehen. Aber dies bringt nicht die ersehnte Ablenkung, nicht die ersehnte Zerstreuung. Eines Abends, nachdem ihre Kollegen im Drogenrausch losgezogen sind, um Flachaugen zu jagen, verlässt sie ihre Einheit, um sich etwas umzusehen. Dabei läuft sie einem Flachauge über den Weg. Die Überraschung steckt so tief in ihr, dass sie nicht in der Lage ist, sich zu wehren. Sie schaut in das Mündungsfeld eines gegnerischen Energiestrahlers und schließt schon mit dem Leben ab. Aber ihr Gegenüber verschont sie. Nachdenklich kehrt sie zu ihrer Einheit zurück. Dort erfährt sie, dass ihre Kameraden ein Blutbad unter dem Gegner angerichtet haben. Nach ihrer Begegnung ist allerdings für An-Keyt nicht mehr alles so wie früher. Sie fragt sich, warum sie verschont wurde. Sie hinterfragt den Sinn der Invasion, ob wirklich alles so ist, wie der Neundenker und das Oberkommando sie glauben machen wollen.
 
Der zweite Handlungsstrang beschäftigt sich mit dem Erscheinen einer Trümmerflotte im Gebiet der Praesepe-Koalition. Diese stellt einen Zusammenschluss von Außenwelten dar, die in der LFT eingegliedert ist. Ihre Hauptwelt ist Oxtorne, die auch einen großen Teil der Raumschiffbesatzungen stellt. Nachdem Alarm gegeben worden ist, bricht ein Kontingent von 500 Raumschiffen auf, um die Trümmerflotte abzufangen. Doch bevor die Oxtorner einen Angriff starten können, taucht Perry Rhodan mit einigen Schiffen auf. Mit der Befehlsgewalt, die er als Terranischer Resident hat, kann er gerade noch das Schlimmste verhindern. Gleichzeitig beginnen die Schiffe der Trümmerflotte damit, sich gegenseitig zu beschießen und zu vernichten. Ein Verhalten, das einige Fragen aufwirft. Einer der oxtornischen Kreuzer dringt wider seinen Befehl in die Trümmerflotte ein und wird zusammengeschossen. Nur mit Mühe kann daraufhin der Kommandant des Verbandes davon abgehalten werden, mit aller Härte gegen die Fremden vorzugehen. Es stellt sich dabei heraus, dass in der Galaxis ähnliche Flotten aufgetaucht sind, die sich ohne Rücksicht auf Verluste gegenseitig angreifen. Als sich die Fremden auf einen bewohnten Planeten zu bewegen, spitzt sich die Lage zu. Ein bewaffneter Konflikt scheint nun unvermeidbar…
 
In der dritten Ebene der Handlung geht es um Yun, einen Bewohner der Eiswelt Snowflake, deren Bevölkerung von den Oxtornern genmanipuliert wurde, damit sie sich ihrer Umgebung besser anpassen kann. Flake, wie sie die Bewohner nennen, ist jene Welt, die in den Kampfbereich der Trümmerflotte gerät. Yun erzählt seine Geschichte so, wie sein Schnabel gewachsen ist, gibt aber dabei Einblicke in das Leben auf der Eiswelt, die wichtig für den weiteren Handlungsverlauf sind. Zusammen mit dem terranischen Wissenschaftler Shon macht er sich auf die Suche nach den Ureinwohnern von Flake, die Tring genannt werden. Unter den Kolonisten gelten diese Wesen als Sonderlinge, doch es stellt sich heraus, dass es hinter ihrem Verhalten einen tieferen Plan gibt. Doch bevor man der Lösung des Problems näher kommen kann, wird Flake von den Trümmerschiffen angegriffen…
 
Frank Borschs verschachtelte Erzählweise wirkt auf den ersten Blick nicht sehr attraktiv. Doch der Roman entfaltet sich langsam vor den Augen des Lesers zu einem spannenden Werk, dem man sich nur schwer entziehen kann. Beeindruckend sind die intensiven Zeichnungen der Charaktere. Sie werden im Rahmen der Handlung beschrieben und werden dadurch greifbarer. Fesselnd sind auch die Beschreibungen der oxtornischen Kultur, die zwar sehr martialisch wirkt, aber dennoch einen großen Reiz besitzt. Allerdings weisen die Umweltangepassten der Extremwelt teilweise Charaktereigenschaften auf, die man von einem Volk aus einer bekannten SF-Fernsehserie erinnert. Das mag oberflächlich nicht sehr originell wirken, wird aber vom Autor dann auf eine Spitze getrieben, die die Oxtorner dann doch etwas intensiver macht. Sehr eindrucksvoll geschrieben ist der Handlungsstrang um An-Keyt und ihre loowerische Militäreinheit. Man schmeckt quasi die Atmosphäre, die die Fremden atmen, auch wenn ihre Denkweise stellenweise doch etwas zu menschlich geraten ist. Borsch zeigt mit seinem Buch allerdings auch, dass es nicht unbedingt eine Handlung mit der Hauptfigur Perry Rhodan braucht, um einen interessanten PR-Roman zu schreiben. Dabei achtet er darauf, nie zu spezifisch zu werden, denn immerhin sollen ja auch Fans, die mit der laufenden Handlung nicht vertraut sind, mit dem Werk zurechtkommen. Also ein rundherum lesenswerter Roman mit einem großen Unterhaltungswert, dem man kleinere Fehler, wie etwa die Behauptung, dass der „Goshun-See auf Terrania“ (Seite 208) liegt, verzeiht. Sein Reiz geht vielmehr von einer spannenden, lesenswerten Handlung aus.
 
Ein großer Vorteil an den Taschenbuchzyklen ist, dass man auch als Leser, der sich nicht im Perryversum auskennt, seine Freude mit den Romanen hat. Um den geneigten Leser etwas näher an die PR-Serie heranzubringen, finden sich in allen Ausgaben Anhänge, die sich in Artikelform mit dem Phänomen PERRY RHODAN auseinandersetzen. Rüdiger Schäfer versucht in seinem Beitrag Die Welt ist bunt – Ein Streifzug durch das Perryversum ein stimmiges Bild des PR-Kosmos zu zeichnen. Hierbei gibt er einen interessanten Überblick über die Handlung der Serie ohne eine Sekunde langweilig zu wirken. Dabei liegt sein Augenmerk auf den Ereignissen, die für den PAN-THAU-RA-Zyklus wichtig sind. Der Artikel macht aber nicht nur einem Neuling Spaß, sondern bietet auch für den geneigten Fan einiges Wissenswertes.
 
Wie schon weiter oben erwähnt, erschien der PAN-THAU-RA-Zyklus im Rahmen der Premium-Reihe des Heyne Verlags. Die meist etwas teureren Bücher glänzen oft mit einer schönen Ausstattung. Auch bei Die Lebenskrieger wurde keine Ausnahme gemacht. Das grafisch sehr stimmige Cover wurde von Oliver Scholl gestaltet, der vor über 20 Jahren als Risszeichner bei der PR-Serie tätig war. So stammt beispielsweise die Risszeichnung der BASIS aus PR-Heft 1100 aus seiner Feder. Seit Ende der 80er Jahre ist er auch als Produktionsdesigner im Filmbereich tätig. Besonders hervorzuheben sind dabei Roland Emmerichs Filme MOON 44, STARGATE und INDEPENDENCE DAY. Das Cover, auf dem auch Kegelraumschiffe der Loower zu sehen sind, ist in einem warmen, satten Goldton gehalten. Zusammen mit den Covern der beiden Folgebände ergibt sich ein komplettes Bild von großem Reiz. Ebenfalls einen edlen Eindruck macht der Schriftzug Perry Rhodan im Goldprägedruck. Ob dies alles den hohen Preis von 12 Euro pro Band rechtfertigt, sei dahingestellt. Auf der anderen Seite wurde der Zyklus auf eine Trilogie reduziert, deren einzelne Bücher etwas dicker sind. Im Bücherregal machen sie neben den anderen Zyklen auf jeden Fall einen sehr guten Eindruck, auch wenn sie etwas größer als ihre Vorgänger sind.
 
Insgesamt bietet der Auftakt des PAN-THAU-RA-Zyklus alles, was sich ein PR-Fan von einem Roman aus der Serie verspricht. Durch das Buchformat ist der Autor sogar in der Lage, die Geschichte intensiver zu erzählen. Frank Borsch hat diese Chance sehr gut genutzt und so wird Die Lebenskrieger zu einer rundherum gelungenen PR-Mischung.
 
 
Perry Rhodan: PAN-THAU-RA
Band 1:
Die Lebenskrieger
von Frank Borsch
erschienen im Heyne Verlag im November 2005
ISBN: 3-453-53213-9
Umfang: 528 Seiten
mit einem Anhang von Rüdiger Schäfer
 
Die Rezension erschien erstmals im Perry Rhodan Jahrbuch 2005