Godzilla (1954, uncut)

Er ist eines der berühmtesten Monster der Filmgeschichte und bis heute eine Legende. Wenn Godzilla durch die liebevoll modellierten Papplandschaften stapft, dann schlägt so manchem das Herz höher. Ich erinnere mich gerne an die Jugendvorstellungen, die jeden Samstagnachmittag stattfanden. Mühevoll hatte man sein Taschengeld für einen Kinogang zusammengekratzt, um entweder den großen grünen Kerl zu sehen oder mit Herkules und Konsorten Abenteuer in der Antike zu bestehen. Die Stimmung im meist gleichaltrigen Publikum war gut, was man von seinem Magen nicht behaupten konnte, da man zu viel Süßigkeiten in sich rein gestopft hatte…

Der filmische Auslöser für die Godzilla-Filme bildete der 1953 in die Kino gekommene Panik in New York (The Beast fom 20000 Fathoms) von Eugene Lourie. In diesem Film wurde ein am Nordpol tiefgefrorener Dinosaurier durch einen Atombombenversuch aus seinem Tiefschlaf gerissen. Kein geringerer als Ray Harryhausen hatte dem Dino per Stop-Motion-Technik Leben eingehaucht und ihn zerstörend durch die Straßen von New York geschickt. Schon rund 20 Jahre vorher hatte Effektguru Willis O’Brien King Kong zum Leben erweckt und damit neue Maßstäbe gesetzt. Der Erfolg beider Filme hatte gezeigt, dass sich durchaus Zuschauer für diese Art von Filmen finden konnten.
 
Godzilla ist aber mehr als nur ein bloßer Monsterfilm. In ihm wird zum Teil auch das atomare Trauma Japans verarbeitet, ihm eine Gestalt gegeben. Der König der Monster ist nämlich keine Laune der Natur, sondern vielmehr das Produkt amerikanischer Atombombenversuche im Pazifik. Wo er hinkommt zerstört er nicht nur Städte, sondern breitet auch radioaktive Verseuchung aus. Ein zur Gestalt gewordener Albtraum also.
 
Als Regisseur konnte Ishiro Honda verpflichtet werden, der viele Jahre als Second Unit-Regisseur von Akira Kurosawa gearbeitet hat. Sein, aus heutiger Sicht, etwas antiquierter Inszenierungsstil macht einen großen Teil des etwas naiven Flairs dieses Films auf. Zwar hat die Story auch ihre Höhen, ist aber auf weite Strecken vorhersehbar. Aber das macht nichts, denn ein Godzilla-Fan weiß ganz genau, worauf es bei einem Film um den grünen Kerl hauptsächlich ankommt: auf die Monsterszenen. Schon 1954 stand fest, dass Stop-Motion einfach zu teuer für diese Art von Produktion ist. Also steckte man einen Schauspieler in ein relativ aufwendig gemachtes Gummikostüm, um ihn dann in Zeitlupe durch eine Miniaturlandschaft trampeln zu lassen. Garniert wird alles noch mit ein paar pyrotechnischen Effekten und voila man hat seinen fertigen Kaiju-Streifen. Übrigens eine Vorgehensweise, die sich bis zu vorläufigen Ende der Godzilla-Film gehalten hat, später dann sehr kunstvoll mit Computereffekten kombiniert wurden.
 
Das Ziel von den Toho Studios war es den Film zu einem weltweiten Erfolg zu machen. So wurde er auch teilweise auch mit amerikanischem Geld finanziert. Allerdings stellte sich, nach den Gedankengängen der US-Beteiligten, ein kleines Problem: rein japanische Filme wollte niemand in den USA sehen (ein Trugschluss). Also drehte man kurzerhand einige Szenen mit einem findigen Journalisten, damit auch das amerikanische Publikum „zufrieden“ war. Als Darsteller verpflichtete man Raymond Burr, der sich in vielen kleinen Rollen einen Namen gemacht hat, aber dabei auch mit vielen Filmgrößen zusammengearbeitet hat. So war er unter anderem auch der Gegenpart zu James Stewart in Alfred Hitchcocks Das Fenster zum Hof. Großen Bekanntsheitsgrad gewann er auch durch Fernsehserien wie Perry Mason oder Der Chef.
 
In Deutschland würde Godzillaerst einmal um eine gute Viertelstunde gekürzt. Man wollte anscheinend den Zuschauer nicht mit einem Subplot überfordern, der einen kleinen Einblick in die japanische Mentalität gewährte. Denn der naive Professor Ogata ist alles andere als der liebe Onkel aus der deutschen Fassung. Die weibliche Hauptfigur Emiko hat ja die Aufmerksamkeit des schneidigen Offizier Ogata auf sich gezogen. Nur die Sache hat ein Problem: Die junge Dame ist dem verschrobenen Dr. Sarizawa versprochen. Der gesamte Subplot der daraus resultierenden Ereignisse fehlt in der deutschen Kinofassung komplett. Hinzu kommen noch einige andere kleinere Charakterszenen, die zumindest etwas Tiefe in die Handlung gebracht hätten.
 
Für alle Video- und DVD-Versionen war die gekürzte deutsche Fassung die Grundlage gewesen bis 2007 bei Splendid Video endlich die ungeschnittene Version von Godzilla erschien. Auf eine Synchronisation wurde bei den neuen Szenen verzichtet, dafür wurden sie aber wenigsten deutsch untertitelt.
 
Aber auch wenn die Veröffentlichung der ungekürzten Version begrüßenswert ist, an den technischen Gegebenheiten der DVD hat sich kaum etwas geändert. Das Bild bewegt sich gegenüber den vorigen DVD-Versionen auf einem etwas höheren Niveau, aber von einer großangelegten Restaurierung fehlt jede Spur. Das Alter des Films fällt an jeder Ecke und Kante auf. Die Schärfe ist oft ungenügend und das Master strotzt nur so von Beschädigungen. Auch einige Artefakte der Kompression sind zu bemerken. Positiv ist das Fehlen der Hacker aus der alten Version. Es sind zwar Brüche vorhanden, aber diese sind nicht mehr so gravierend wie bei den vorangegangenen Editionen. Die „neuen“ Szenen fügen sich übrigens nahtlos in die fragwürdige Bildqualität ein.
 
Auch vom Ton sollte man keine Wunder erwarten. Er liegt in einem sehr blechernen Mono vor, eher in der Qualität eines alten Mittelwelleradios. Die japanische Spur klingt etwas frischer, ist aber nicht wesentlich besser.
 
Bonusmaterial findet man wenig. Bis auf zwei Trailer, der eine zum Film selbst, der andere zu Godzilla Final Wars, halten diesen Teil der DVD recht überschaubar.
 
Kaiju-Filme hin oder her. Godzillagehört mit zu den Meilensteinen der Filmgeschichte. Regisseur Ishiro Honda liefert eine sehr routiniert gefilmte Geschichte ab, unter deren Oberfläche deutlich mehr zu finden ist. Nicht die Natur hat das Monster geschaffen, sondern die Atombomben, die im Pazifik gezündet wurden. Damit nicht genug, denn Godzilla zieht auch eine Spur tödlicher Radioaktivität hinter sich her, deren Spätfolgen in diesem Film noch nicht gezeigt werden. Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern besitzt der erste Godzilla-Streifen eine gewisse Tiefe, auch wenn klar und deutlich der Unterhaltungswert im Vordergrund steht. Aber vielleicht macht auch gerade das den Reiz an dem König der Monster aus, denn bis heute erfreut er sich einer wachsenden Schar von Fans.
 
Leider ist die technische Umsetzung der deutschen DVD sehr misslungen. Bild und Ton können bei weitem nicht überzeugen, von einer Restauration ist nicht zu bemerken. Es wurde anscheinend einfach eine neue Schnittfassung auf der Basis der alten deutschen Version erstellt. Eigentlich keine gute Idee. Die Frage ist auch, ob ein anderes Master verfügbar gewesen wäre? Diese Frage lässt sich eindeutig beantworten wenn man sich die diversen japanischen Veröffentlichungen anschaut sowie die amerikanische Blu-ray-Veröffentlichung von Criterion im Januar 2012.
 
Solange eine restaurierte Version von Godzilla auf dem deutschen Markt nicht verfügbar ist, muss man sich mit dieser DVD begnügen. Zwar macht sie von der technischen Umsetzung her keinen großen Spaß, aber ist dennoch was für Fans des Königs der Monster.
 
Bemerkung zur Blu-ray-Veröffentlichung:
Ein richtiges HD-Feeling möchte bei der Blu-ray-Veröffentlichung von Godzilla nicht so richtig aufkommen. Offensichtlich wurde das gleiche Master verwandt, wie bei der DVD. Deswegen treten auch hier fast die gleichen Mängel in Bild und Ton auf. Eine wirkliche Restauration des Klassikers, wie sie bei der US-Version von Criterion vorgenommen wurde, ist nicht zu spüren; sehr schade.
 
Auch hier halten sich die Extras in einem sehr überschaubaren Rahmen. Neben der deutschen Kinofassung, ebenfalls in einer fragwürden Qualität, sind noch zwei Trailershows enthalten. Verspieltes Potential!
 
 
Godzilla – Das Original (Japanischen Langfassung)
Japan 1954
DVD erschienen bei Splendid Film im Jahr 2007
Blu-ray erschienen bei Splendid Film im Jahr 2014

EAN: 4013549871211 [DVD]
EAN: 4013549057066 [Blu-ray]